domenica 12 maggio 2019

lieber Gianni De Michelis,


in Japan habe ich ein historisches Museum besucht, in dem im dritten Stock die Zeit bis 1920 dargestellt war und im vierten die fünfziger Jahre gezeigt wurden. Dieselbe leichthinweg springende, hüpfende Art der Geschichtsschreibung kennt ja auch Italien, und in einem der Löcher, das so entstanden sind, bist Du gelandet. 

Nach dem großen Angriff durch die Staatsanwaltschaft auf Dich und Deine Freunde waren erst alle Italiener ganz furchtbar überrascht: "Die waren ja korrupt, die! So was! Wer hätte das gedacht?" Dann haben sich alle gleich wieder weggedreht und alles vergessen, auch das, was sie Dir verdankten: das Bild eines großen starken Tanz- und Spaßministers, der auf Mailänder Straßen gern mal junge Frauen anhielt und einlud und nach der öden Parteikonferenz oder dem blöden Ministertreffen in der Disko verschwand, um erst am nächsten Morgen wieder aufzutauchen. 

Viel später trat dann dieser Dings auf, der die Frauen, die zu ihm nach Hause in den Partykeller kamen, reich beschenken musste, weil er auch seine neapolitanischen Gesänge zum Vortrag brachte,  und der Witzchen über die Impotenz seines Feiergefährten Emilio machte. Schlaff und spießig und alt. Und alle Welt erregt sich? und erinnert sich nicht an Dich? Herr Žižek aus Ljubljana hat dies Feiern im Keller zum Beginn der Poppolitik erklärt. Er hat einfach die erste Folge dieser Serie verpasst, und das warst Du.

Du kamst ja aus einer großen Familie. Dein Großvater war aus der katholischen Kirche ausgetreten, weil der Papst gegen die italienische Demokratie wetterte, und bis heute ist hier nicht in Erfahrung zu bringen, ob er dann Methodist oder Waldenser oder was geworden sei. Irgend etwas Ketzerisches. Du?

Jetzt bist Du tot und man erwähnt kurz Deinen Namen. Dann weiter mit einem grinsenden Rülps an der Regierung und seiner wöchentlichen Schnapsidee. 


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